Additionen

Eröffnung in der Ratskeller-Galerie Lichtenberg, 12. November 2019
von Janina Dahlmanns

Additionen – dieser Begriff aus der Mathematik mag manchen vielleicht schrecken, fühlt er sich an als unliebsam empfundene arithmetische Situationen der eigenen Schulkarriere erinnert. Hier kann ich Sie gleich beruhigen: Die Ausstellung

„Additionen“ befasst sich nicht mit Zahlen, nicht mit Rechnen und mathematischen Überlegungen. Vielmehr verweist der Ausstellungstitel auf die ursprüngliche Bedeutung des lateinischen Verbes „addere“, das schlicht „hinzufügen“ oder

„aneinanderreihen“ bedeutet.

Für die Ausstellung wurden Werke von Künstlerinnen und Künstlern ausgesucht, deren gemeinsamer Nenner das Prinzip der Aneinanderreihung ist. Bei allen entsteht aus einzelnen Elementen, die sich gleichen oder ähneln, in der Reihung, der Wiederholung, der Kombination, etwas Neues.

Die Faszination bei der Vorbereitung der Ausstellung und der Auswahl der Arbeiten lag darin, zu sehen, auf welch vielfältige und unterschiedliche Weise gearbeitet wurde – zugleich aber das Grundprinzip der Addition immer als Ausgangsidee zugrundeliegt. Verschiedenste Techniken wurden ausgewählt: von Zeichnung und Malerei, über den Holzschnitt und plastische Arbeit, bis hin zur aus Fundstücken gefertigten Installation.

So ist ein Kaleidoskop der künstlerischen Positionen entstanden, für die mir die thai- englische Redensart als zutreffend scheint: „same same – but very different“.

(…)

Die Architektur, die Stadt ist vom Menschen gemacht und gebaut – als Hülle für das Wohnen und Leben der Menschen. Lilla von Puttkamer setzt sich in ihren jüngsten Arbeiten mit einer anderen Hülle des Menschen auseinander: der Kleidung. Es ist abgelegte Kleidung, die in ihrer speziellen Kombination und in der Summe ihrer Einzelteile eine Ahnung von einer Persönlichkeit vermittelt. Oder es ist eine Situation, ein besonderer Anlass, ein Erlebnis einer Person, die durch die Stapelung

der Kleider sichtbar wird.

Im Rahmen ihrer Auseinandersetzung mit dem Menschen, die von Puttkamers Arbeit durchzieht, ist die additive Beschäftigung mit der Kleidung eine weitere Facette der Beschäftigung mit der menschlichen Persönlichkeit als Summe ihres Aussehens, ihrer Hülle, ihrer Erinnerung und ihrer Herkunft.

So verschieden diese künstlerischen Positionen sind, so vielfältig ihre Materialien, Themen und Motive – so war es bei der Zusammenstellung hier in den Räumen der Ratskeller-Galerie eine spannende Erfahrung, wie die Arbeiten miteinander in Dialoge treten.

Farbig leuchtende Muster im Kleiderberg antworten auf Lichtpunkte im Hell-Dunkel des Holzschnitts – gemalte Stapelungen von Altpapier korrespondieren mit der Sammlung von Elefanten-Bildern – der Elefant hat eine Haut aus Papier, die eine Entsprechung in den Kleidern findet. Die Skulpturen aus Holz-Modulen wachsen ebenso wie die papiernen Rhizom-Strukturen, und in der gemalten Darstellung eines verlassenen Gebäudes wachsen organisch schwingende Birkenäste in die rasterartige Architektur.

Bei der Entdeckung dieser und weiterer Dialoge, Bezüge und Wechselwirkungen in der Kunst der Additionen wünsche ich Ihnen viel Vergnügen und zahlreiche Entdeckungen!

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